Ostsee, die vierte (Rügen)

Wir haben heute den 21. März. Kalendarischer Frühlingsbeginn! Ist es da nicht etwas deplatziert, eine Zeitreise in den zurückliegenden Herbst zu unternehmen?

Ach, warum denn eigentlich nicht. Zum einen ist man doch als fotografisch-kreativ interessierter Mensch sowieso viel in der eigenen Imagination unterwegs, wo die sogenannte „Wirklichkeit“ nicht immer die entscheidende Rolle spielt. Und zum anderen gerät im Moment (ich vermeide jetzt mal das allgegenwärtige C-Wort) so Einiges aus den Fugen. Da kann das heimische Sofa schon mal zur Startrampe werden für einen Flug in eine andere Zeit und an einen anderen Ort.

Ich hatte ja kürzlich bereits angekündigt, dass ich noch einen vierten und letzten Pfeil zum Thema Ostsee in meinem Themenköcher für diesen Blog habe. Mir scheint, heute ist ein guter Tag, um ihn abzufeuern. Doch keine Bange: Er ist nicht vergiftet!

Wir erinnern uns: Im Herbst letzten Jahres war es mir vergönnt, einige Tage mit meinen norddeutschen Foto-Freunden auf Rügen zu verbringen. Von der zauberhaften Landschaft im kleinen Nationalpark Jasmund hatte ich ja bereits berichtet und auch ein paar Aufnahmen gezeigt. Aber Rügen ist groß und sehr vielgestaltig. Obwohl wir uns ein proppenvolles Programm zugemutet haben, konnten wir natürlich bei weitem nicht alle lohnenden Ecken „abarbeiten“. Hier möchte ich noch von drei verschiedenen Orten berichten, die wir aufsuchen konnten und die uns mit wunderbarer Herbststimmung und tollen Fotomotiven beglückt haben.


Ganz im Norden von Rügen liegt der kleine Weiler Nonnevitz. Läuft man von dort aus an die Küste, so gelangt man zum sogenannten „Märchenwald“. Wir haben ihn an einem sehr feuchten und trüben Tag besucht, und es war großartig!

Es ist wirklich nur ein recht kleines Stück Wald mit Laubbäumen direkt an der (niedrigen) Steilküste, das märchenhaft anmutet. Der Rest ist fieser Kiefernforst, von dem man sich also nicht beirren lassen darf. Denn es lohnt! Vor allem bei dem trüben, nassen Herbstwetter war dieses kleine Fleckchen sehr interessant und voller Motive und Farben.


Ebenfalls an der Nordküste Rügens liegt das berühmte Kap Arkona. Na gut, streng genommen ist es der äußerste nordöstliche Zipfel. Wie dem auch sei, wir haben diesem schönen Fleckchen ebenfalls einen Besuch abgestattet, da ging es bereits in Richtung Abend.

Am eigentlichen Kap sind wir gar nicht gewesen, sondern haben es aus südlicher Richtung und einer gewissen Entfernung bestaunt. (Wobei ich sagen muss: Am Jasmund hat es mir wesentlich besser gefallen).

Richtig schön fand ich es rund um das winzige Fischerdörfchen Vitt, das noch ein paar Meter weiter südlich liegt.

Ich selber bin ja kein Nordlicht und habe nie auch nur ansatzweise in Meeresnähe gelebt. Von daher gerate ich sofort in Verzückung beim Anblick von einem Bootssteg mit Möwen drauf und bunten Kisten zum Fischfang, dem weiten Meer und darüber gaaaaanz viel Himmel…

Dadurch, dass unser Standort Vitt nach Osten ausgerichtet war, hatten wir uns eigentlich gar keine Hoffnungen auf irgendeine Art von Sonnenuntergang gemacht. ABER: Für bestimmt eine Viertelstunde gab es dann plötzlich doch noch ein wunderbares, kräftig rosafarbenes Licht am Himmel, das ohne Rücksicht auf Kitschgrenzen die Wolken über dem Meer angestrahlt hat – mega!

Was mir neben dem Farbenspiel am Himmel und den beeindruckenden Wolkengebilden auch gut gefiel, war die veränderte Färbung der Kiesel am Strand. Es war dort schon recht dunkel, und Aufnahmen natürlich nur noch vom Stativ aus möglich. Und irgendwie hat der Strand mit einem Mal so einen wunderbaren, hellen Blauton bekommen. Das hat was, finde ich.


Unser letzter Foto-Stop auf Rügen, den ich hier vorstellen möchte, sind die Süntelbuchen oder auch Krüppelbuchen im sogenannten Hexenwald bei Neu-Mukran / Lietzow. Ganz großes Kino!

Wenn ich das richtig verstehe, sind Süntelbuchen einfach eine Mutation der ganz normalen Rotbuche (Fagus sylvatica). Durch ihren völlig verdrehten und krummen Wuchs entziehen sie sich jeder wirtschaftlichen Nutzung, sind aber dafür umso beliebter als Zierbäume in Parks und Botanischen Gärten. Ich könnte jetzt nicht sicher sagen, ob es sich auf Rügen um einen oder mehrere Bäume handelt. Man kann einfach überhaupt nicht sehen, wo Anfang oder Ende ist. Die Struktur ist ingesamt die einer Kuppel, die man betreten und in der man bequem umherlaufen kann. Und das macht richtig Spaß, klaro!

Man sollte natürlich ganz allgemein etwas übrig haben für solche krummen, verwunschenen Formen, zumal in herbstlich-feuchter, morbider Abendstimmung… Ich fand’s jedenfalls klasse, und meine Foto-Buddies ebenfalls.


Hiermit ist meine „Ostsee-Tetralogie“ nun zum Abschluss gekommen. Ich denke extrem gerne an diese kleinen Reisen in den letzten Jahren zurück und freue mich schon auf das nächste Mal, wenn ich dem Nordosten Deutschlands wieder einen Besuch abstatten darf. Und ich werde es mir nicht nehmen lassen, davon dann auch wieder hier zu berichten…

Veröffentlicht von Sebastian

Geographer, naturalist and photographer (www.schroeder-esch.de). Based in Germany, but always keen to travel and explore

13 Kommentare zu „Ostsee, die vierte (Rügen)

  1. Sehr schöne Story Sebastian. Eigentlich schade das deine Ostseereihe zu Ende ist. Hat mir sehr gefallen. Die Süntelbuchen sind ja echt krass. Auch die anderen Fotos, sehr schön

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    1. Vielen Dank, lieber Horst! Freut mich, wenn Dir die Posts gefallen haben. Fortsetzung folgt, wenn auch dann zu anderen Themen… 😉 Und an die Ostsee könnten wir gut und gerne auch mal gemeinsam reisen. Wie wär’s?

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      1. Das kann ich wärmstens empfehlen – wobei ich nicht sagen würde, dass es mir auf Rügen zwingend besser gefallen hat als etwa auf dem Darß (Zingst) oder gar auf Usedom. Wobei ich beileibe nicht „alles“ gesehen habe…

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      2. Ich war in mein Leben nicht gerade auf großen Reisen gewesen. Ich bin Hamburger In früheren Zeiten war ich viel auf ein Cämpingplatz. Weisenhäuser Strand. Du fotografierst gerne ?

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