Schwarzes Gold

Gas oder Kohle? Diese Frage wird wiederkehrend jedes Jahr zur Sommerzeit hitzig und leidenschaftlich diskutiert – genauso wie die Frage, ob es die Bratwurst oder der quietschende Halloumi auf den Grillrost schafft.
Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, aber trotz der wachsenden Zahl an Gasgrill-Fans greifen die meisten von uns doch zur klassischen Holzkohle.

Praktischerweise gibt es diese in den meisten Supermärkten, sodass sie zusammen mit den restlichen Grillzutaten in den Einkaufswagen wandert.
Normalerweise achte ich ziemlich genau darauf, woher die Lebensmittel kommen, die auf meinem Teller landen. Über die Herkunft der Holzkohle, die ich beim Grillen verwende, habe ich mir jedoch noch nie wirklich Gedanken gemacht.
Nach allem, was man im Netz darüber lesen kann, wird Holzkohle in großen Fabriken industriell hergestellt. Nur etwa ein Viertel davon wird in der EU produziert. Der Großteil der Holzkohle stammt aus Ländern wie der Ukraine, Nigeria, Russland, Indonesien oder Paraguay, in denen z.T. Korruption, illegaler Holzeinschlag und Waldzerstörung weit verbreitet sind.

Doch auch im Hotzenwald, im südlichen Schwarzwald gelegen, hat die Holzkohleherstellung eine lange Tradition. Sie war ein wichtiger Baustein für die industrielle Entwicklung der Region. Heute wird das Handwerk der Köhlerei hier allerdings nicht mehr zum Broterwerb betrieben, sondern als Brauchtum gepflegt, um dieses immaterielle Kulturerbe zu erhalten.

So finden sich in der Gemeinde Dachsberg jedes Jahr Anfang August etwa 20 freiwillige Helfer und Helferinnen aller Altersklassen zusammen, um einen Kohlemeiler aus 23 Ster Buchenholz aufzusetzen und diesen zwei Wochen lang zu hegen und zu pflegen.

Das Holz darf nicht brennen, sondern nur kokeln. Der Meiler muss rund um die Uhr beobachtet und alle zwei Stunden von oben her verdichtet werden – eine anstrengende und mühsame Arbeit für Körper und Lunge. Wenn man sich zudem vor Augen hält, dass einige Leute extra Urlaub nehmen, um die Tages- und Nachschichten abzudecken, dann wird deutlich, mit welcher Ernsthaftigkeit man hier bei der Sache ist.

Nach ca. zwei Wochen ist es dann soweit, die Verkohlung ist abgeschlossen und der Meiler kann geöffnet werden.

Bevor es ans Verpacken geht, muss die Kohle erst vollständig abkühlen. Dass es dazu schon manche „feurige” Geschichte zu erzählen gibt, kann man sich denken.

Aber mit der Holzkohle kann man nicht nur Grillen, sondern auch allerlei Beschwerden lindern. Sie bindet Bakterien und Giftstoffe und wird gerne zur Behandlung von Durchfall eingesetzt. Und so werden aus dem tiefsten Punkt des Meilers ein paar Gläser für die Hausapotheke gefüllt.

Die 8 kg und 5 kg schweren Säcke mit Grillkohle sind abgepackt und stehen im benachbarten Festzelt zur Abholung bereit. Diese können nun bei der Gemeinde Dachsberg käuflich erworben werden. Die Gemeinde hat das Holz für den Meiler zur Verfügung gestellt und erhält es nun in Form von Grillkohle wieder zurück.

Die dreckige und schweißtreibende Arbeit ist vorbei, aber es wird noch Tage dauern, bis der letzte Ruß abgewaschen, der rauchige Geruch aus der Nase und aus den Haaren verschwunden und die ein oder andere Blase geheilt ist.

Vielen Dank an das Team der Brauchtumsköhlerei Dachsberg, dass ich euch über viele Stunden hinweg beobachten, mit Fragen löchern und natürlich auch fotografieren durfte!


Entdecke mehr von sogesehen

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Veröffentlicht von Stefanie

Der Reiz der Fotografie ist für mich nicht nur das Handwerk, viel spannender ist das Kopfwerk.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..