Am Hafen von Essaouira

Kleine blaue Boote schaukeln im Rhythmus der Wellen, und unter das ohrenbetäubende Kreischen der Möwen mischen sich Wortfetzen in einer fremden Sprache.

Es ist Ende Oktober und im Gegensatz zum grauen, trüben Wetter in der Heimat zeigt sich der Spätherbst hier an der marokkanischen Atlantikküste von seiner sonnigen Seite. Nach einigen lauten und anstrengenden Tagen in Marrakesch nehmen wir (eine Fotogruppe unter der Leitung der Fotografin Petra Böttcher) die lange Fahrt in Kauf und freuen uns auf einen Tag am Meer. 

Wir sind in Essaouira, einer Hafenstadt mit 85.000 Einwohnern an der Westküste Marokkos. Nach unserer Ankunft lasse ich die Altstadt links liegen und gehe schnurstracks zum Fischereihafen. Hier werden noch nach alter Tradition Fischerboote aus Holz gebaut, Netze geflickt und große Mengen Sardinen angeliefert. 

Ich folge den Schreien der Möwen, die mich direkt ins Herz des Hafens führen. Um mich herum werden körbeweise Sardinen verladen, Fische ausgenommen und roh oder gebraten verkauft. Die Luft riecht (für Europäer: stinkt!) nach Rauch, Kanalisation und Fisch. 


Irgendwann werden mir der Trubel und die Gerüche zu viel und ich laufe in den ruhigeren Teil des Hafens, weg von den Verkaufsständen, hin zum Liegeplatz der großen Hochseeschiffe. Hier scheint man sich gerade auf die Ankunft eines Schiffes vorzubereiten, und ich möchte mir das unbedingt aus nächster Nähe ansehen. Ehe ich mich versehe, bin ich plötzlich mitten drin im Geschehen. 

Lautes Geschrei, hektisches Hantieren und harte körperliche Arbeit – fasziniert beobachte ich das Treiben und muss immer wieder aufpassen, den Männern nicht in die Quere zu kommen.


Als Europäerin mit einer großen Kamera fühle ich mich etwas fehl am Platz und rechne jeden Moment damit, lautstark beschimpft und weggeschickt zu werden.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Nachdem die meiste Arbeit erledigt ist, kommen ein paar Seemänner auf mich zu und fragen freundlich: „Are you from Germany? Do you know Borussia Dortmund?“ Den SC Freiburg kennen sie leider nicht 😉

Hier zeigen mir zwei Seemänner einen kleinen Krebs.


Auf dem Rückweg zum gemeinsamen Treffpunkt fällt mein Blick auf die Möwen. In Schwärmen kreisen sie über dem Hafen oder laufen zwischen den Ständen umher in der Hoffnung, einen frischen Fisch oder wenigstens ein paar Fischabfälle zu ergattern.

Hier könnte ich noch stundenlang verweilen, aber die Rückfahrt ist lang, und wir müssen los!



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Veröffentlicht von Stefanie

Der Reiz der Fotografie ist für mich nicht nur das Handwerk, viel spannender ist das Kopfwerk.

7 Kommentare zu „Am Hafen von Essaouira

  1. Liebe Steffi,

    es ist zwar schon einige Jahre her, dass ich in Essaouira gewesen bin, aber Deine Beschreibung decken sich genau mit meinen Erinnerungen. Du hast die Stimmung und die Arbeit super in Deinen Bildern eingefangen und festgehalten. Ganz ganz toll! Herzliche Grüße von Angie

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    1. Hallo Angie,
      vielen lieben Dank für deinen Kommentar!
      Es freut mich, dass mein Beitrag bei dir Erinnerungen geweckt hat und dir die Bilder gefallen 🙂
      Viele Grüße die Wiese hinauf.
      Steffi

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  2. Sehr anschaulich und lebendig! Und wunderbar viel Blau auf den Aufnahmen, auch das ist schön. Zuerst wollte ich monieren, dass der Artikel nicht von Tieren handelt (von toten Fischen mal abgesehen…) – aber die wunderbaren Möwen und der Seidenreiher haben‘s rausgerissen 😉

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    1. … immerhin gibt’s auch noch ne fliegende Sardine im Titelbild!
      Ich hätte auch jede Menge streunende Katzen und Hunde zu bieten gehabt, aber das ist ziemlich sicher nicht die Art von Tierwelt, die du gemeint hast 😉
      Danke für deinen Kommentar, Sebastian 🙂

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    1. Vielen herzlichen Dank für die netten Worte und es freut mich, dass dir das Titelbild so gut gefällt. Es ist auch mein Favorit 🙂
      Viele Grüße zurück!

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