Von Peipsi, Pusi und von Zwiebeln

Wenn man von Südbaden aus (z.B. von Freiburg) kontinuierlich in Richtung Nordosten fährt, dann streift man zunächst Dresden, umfährt Kaliningrad, durchquert Litauen und Lettland, überquert die Grenze zu Estland und landet schließlich an einem großen See direkt an der russischen Grenze. (Wenn Ihr im Finnischen Meerbusen oder in Sankt Petersburg gelandet seid, habt Ihr das Ziel nur knapp verfehlt 😉 )

Der riesige Peipsi-See (im deutschen auch Peipus-See genannt) ist der sechstgrößte See Europas und etwa siebenmal so groß wie der Bodensee. Durch ihn verläuft die estnisch-russische Staatsgrenze, und er ist somit auch Teil der EU-Außengrenze.

Dass es mich innerhalb von 15 Monaten gleich zweimal nach Estland verschlagen hat, habe ich Blogkollege Sebastian und unserer gemeinsamen estnischen Freundin Kerli zu verdanken. Sebastian und ich hatten Kerli auf unserer letzten Estlandreise (siehe Artikel „Kaltland“) kennengelernt, und nun organisierten die beiden eine einwöchige Gruppenreise durch Estland und seine bewegte Geschichte.

Der See war eines der Ziele der Reise, und unsere Unterkunft dort war ein ehemaliges Fischerhaus in der Nähe des Dorfes Pusi.

Unsere Unterkunft

Das Haus war eher im Jugendherbergsstil und die kleinen Zimmer hatten weder Fenster noch Türen. Ich fand diese „Kojen“ aber sehr gemütlich, wie überhaupt das ganze Haus einschließlich unserer Gastgeber eine etwas aus der Zeit gefallene Gemütlichkeit ausstrahlten. Wir wurden mit selbstgekochter Fischsuppe verwöhnt, entspannten uns in der holzbeheizten Sauna mit anschließendem Bad im See und sangen estnische Volkslieder.

Aber die Reise hatte auch zum Ziel, uns Land und Leute näher zu bringen. Nachdem wir in Tallinn viel über die bewegte Vergangenheit und die aktuellen Probleme Estlands erfahren haben (was einen eigenen Beitrag wert wäre), lernten wir mit dem Fahrrad entlang der Zwiebelroute eine ganz andere Seite des Landes kennen.

Das Leben und die Häuser entlang der Zwiebelroute scheinen wie aus der Zeit gefallen zu sein. Hier leben die Altgläubigen. Glaubensflüchtlinge, die sich im 17. Jahrhundert den Veränderungen in der russisch-orthodoxen Kirche widersetzten und in Estland Zuflucht fanden. Die Altgläubigen von heute halten ihre Kultur hoch, und das Symbol ihrer Esskultur ist die Zwiebel, die an den Ufern des Peipsi-Sees in Hülle und Fülle angebaut wird.

Wir mit unseren knallgelben Fahrrädern waren für die Einheimischen sicher auch kein alltäglicher Anblick, besonders als wir unsere Flotte vor dem örtlichen Supermarkt parkten.

Ich hoffe, ich konnte euch mit diesem Beitrag eine neue Facette Estlands zeigen. Dieses nördlichste Land im Baltikum, mit gerade mal 1,3 Millionen Einwohnern, überrascht mit einer tollen Natur, modernen Großstädten und traditionsbewussten Dörfern. Die geografische Nähe zu Russland und der hohe Anteil russischsprachiger Esten bringen ihre eigenen Konflikte mit sich.

Einen interessanten Beitrag aus Sebastians Feder, der dieses Thema streift, findet ihr hier und ich bin mir sicher, dass dies nicht unser letzter Beitrag zu dieser Reise sein wird. Alle unsere bisherigen Beiträge zu Estland könnt ihr gerne hier nachlesen.

Liebe Grüße und bis bald! Parimad tervitused ja varsti kohtumiseni

17. September 2023
Stefanie Röschke
(www.stefanieroeschke.de)


Entdecke mehr von sogesehen

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Veröffentlicht von Stefanie

Der Reiz der Fotografie ist für mich nicht nur das Handwerk, viel spannender ist das Kopfwerk.

8 Kommentare zu „Von Peipsi, Pusi und von Zwiebeln

    1. Ja, absolut! Das tolle Licht erwischte uns während des Abendessens (leckere Fischsuppe!) und natürlich hatte ich weder ein Stativ noch Filter griffbereit. Wie das halt immer so ist 😉

      Like

  1. Hallo Steffi,
    hier noch ein Nachzüglerkommentar.
    Super tolle Farben und Wolkenformationen. Es ist einfach ein anderes unbeschreiblich schönes Licht in Estland. Vielen Dank für deinen Bericht und auch Grüße an Kerli; unbekannterweise.
    Sie hat uns Bloglesern durch euch herrliche Orte ihrer Heimat gezeigt.

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu Christiane Hube Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..