Malen mit Licht (Teil 4)

Lightpainting bei Tageslicht? Alle bisherigen Fotos meiner kleinen Serie „Malen mit Licht Teil 1-3“ sind im Dunkeln einstanden. Mit Lichtmalerei verbindet man normalerweise Lichtspuren in der Nacht und wahrscheinlich gehören die Fotos dieses Blogs auch nicht wirklich in diese Kategorie. Für mich jedoch schon!

Hier verschwindet meiner Meinung nach die Grenze zwischen Fotografie und Malerei. Die Kamera wird zum Pinsel, und das Ergebnis ist oft abstrakt und hat mit der Wirklichkeit nicht mehr viel gemein.

Manch einer wird sich nun denken „Oh Schreck… jetzt wird jedes verwackelte Bild gleich zum Gemälde!“. Ganz so einfach ist es nicht. Natürlich sind alle Bilder „verwackelt“, d.h. unscharf, aber im Gegensatz zu den ungewollt Verwackelten (von denen ich auch genügend habe 😉 ) sind diese Fotos so gewollt und auch mit diesem Ansatz fotografiert.

Diese Art der Fotografie stellt den „Maler“ vor einige Herausforderungen. Zum einen ist der Bildaufbau schwierig, da das Ergebnis (am Anfang) nur schwer zu kontrollieren ist, und zum anderen kommt die Frage auf: Wie stark darf ein Bild verwackelt sein? Für mich ist immer wichtig, egal ob ich zoome oder wische, dass das ursprüngliche Motiv noch gut erkennbar bleibt.

Es braucht ein wenig Übung, aber mit der Zeit werden die Ergebnisse kontrollierbarer. Oft eignen sich klare Strukturen, wie z.B. bei Bäumen oder Gräsern, am besten.

Ich bewege die Kamera während der Aufnahme horizontal, vertikal, manchmal auch schräg oder verändere die Brennweite des Zoomobjektives durch Drehen. Da die Belichtungszeiten tagsüber oft zu kurz sind, wähle ich den niedrigsten ISO-Wert und schließe meine Blende.

Ich liebe diese Art der Fotografie. Da ich oft mehrere Stunden am Stück mit meiner Kamera unterwegs bin, brauche ich zwischendurch diese kleinen kreativen Auszeiten.

Ich kann euch versprechen, wenn euch der Wisch- und Zoomvirus erst einmal gepackt hat, werdet ihr von der Wirkung und den Ergebnissen begeistert sein, und er wird euch vielleicht ein ganzes Fotografenleben begleiten. (Vorsicht! Dieser Virus ist ansteckend, aber nicht schädlich 🙂 )

Lust auf weitere kleine Geschichten zur Lichtmalerei? Dann viel Vergnügen bei Malen mit Licht (Teil1), Malen mit Licht (Teil 2) und Malen mit Licht (Teil 3).

11 Kommentare zu „Malen mit Licht (Teil 4)

  1. Tolle Fotos, wie immer. Und das mit dem Virus stimmt. Wer einmal damit angefangen hat, den packt es immer wieder. Das Verwackel- und Zoomvirus bei Tage.

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  2. Tolle Idee deine Lichtspuren-Bilderserie am Tag. Mir gefallen das Titelbild und das fünfte Bild, das des herbstlichen „Zoom-Baues“ am besten. Er bekommt eine völlig neue Mitte im Geäst und nicht wie üblich durch den Stamm.

    Gruß

    Uli

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    1. Dankeschön Uli,
      dann bist du eher der Zoomer als der Wischer 😉
      Bäume zu fotografieren finde ich generell äusserst schwierig. Die mächtigen Riesen mit ihrem dichten Laub sind nicht so leicht einzufangen. Da kommt mir diese Aufnahmetechnik manchmal entgegen.
      Grüße
      Stefanie

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      1. Hallo Stefanie,

        „Wischer“ oder „Zoomer“ ?,

        von meinen fotografischen Anfängen her bin ich eher ein Wischer. Als 1971 die Strecke der Tour de France durchs Wiesental führte, war ich mit einer AGFA-Silette meines Vaters an der Strecke. Mit einer 300-stel Sek. (kürzer gabs nicht) zog ich mit dem Hauptfeld (ca. 70km/h schnell) mit und drückte ab, als die Fahrer direkt an mir vorbeifuhren. Es war nur ein Bild möglich und sie waren schon weg. Nach 14 Tagen etwa dann das Ergebnis: „Extraordinaire, fantastique“!!! Ein Fahrer in der Mitte ziemlich scharf und drumherum alles unscharf und verzogen, ähnlich eines Zooms (gabs damals noch nicht) aber doch gewischt. Von da an hatte mich das Fotografieren erwischt. Mit 14 kaufte ich mir meine erste Spiegelreflex-Ausrüstung und 1981 das erste Telezoomobjektiv. In den Jahren danach entdeckte ich in der Literatur die Technik des Wischens und Zoomens für mich. So viel zu deiner Schlussfolgerung. Deine Wischerbilder finde ich aber auch sehr interessant, vor Allem den Wasserfall und die Treppe.

        Grüße

        Uli

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      2. Hallo Uli,
        du erweiterst das Ganze um das Thema der „Mitzieher“. Toll, dass dir das damals schon beim ersten Versuch gelungen ist. Ich finde das Mitziehen echt schwierig, da man meistens nur einen Versuch hat und der dann oft völlig daneben geht.
        Beim nächsten Teil von „Malen mit Licht“ (Teil 5) wird es um ein Thema gehen, dass thematisch in diese Ecke passt. Aber das dauert noch etwas…

        Grüße
        Stefanie

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  3. Ein schöner und inspirierender Artikel mit beeindruckenden Fotos! Mit diesen kreativen und eher unkonventionellen Aufnahmetechniken wollte ich mich sowieso mal näher befassen – und jetzt ist meine Motivation nochmal mehr gesteigert 🙂 Frage zur Technik: Spielt die Fokussierung für Dich eine größere Rolle? Oder lässt Du die außer Acht, weil die Aufnahme ja ohnehin m.o.w. komplett „unscharf“ werden wird und auch soll?

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    1. Danke Sebastian, für deine netten Worte.
      Zu deiner Frage: Ja, die Fokussierung spielt bei mir, sowohl beim Zoomen als auch beim Wischen, eine Rolle.
      Das beste Zoomergebnis erhält man, wenn die Kamera auf dem Stativ ist und das Bild ein Zentrum hat. Auf dieses Zentrum stelle ich scharf und drehe dann von Tele Richtung Weitwinkel. Anders herum gehts natürlich auch, aber das Ergebnis ist dann ein anderes.
      Beim Wischen lasse ich den Autofokus und den Bildstabi drin! Klingt völlig unlogisch, aber ich finde man sieht den Unterschied und das Ergebnis gefällt mir besser.
      Zusätzlich warte ich nach dem Auslösen kurz, bevor ich anfange zu wischen, dadurch bleibt die Kontur besser erhalten. Dies ist bei einer Belichtungszeit im Zentelbereich aber gar nicht so einfach 😉

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  4. PS: Dass das Ergebnis „mit der Wirklichkeit nicht mehr viel gemein“ haben soll, das würde ich so auf keinen Fall unterschreiben. Eine durch Schärfe charakterisierte Aufnahme ist aus meiner Sicht kein bisschen näher an der (sogenannten) „Wirklichkeit“ als eine unscharfe. Es ist halt eine andere, und nicht selten eigentlich weniger anregende und nur vermeintlich objektiv-naturalistische Repräsentation der Dinge, die uns um umgeben.

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    1. Wenn man den Aspekt aus dem kreativen und weniger aus dem dokumentarischen Ansatz her sieht, dann gebe ich dir recht. Der Fotograf hat auch bei scharfen Aufnahmen durch Perspektive, Blende und Ausschnitt die Möglichkeit seine Wirklichkeit zu zeigen, welche sich erheblich von der dokumentarischen Wirklichkeit unterscheiden kann.
      Deshalb ist es (meiner Meinung nach) bei den unscharfen Bildern um so wichtiger, dass das eigentliche Motiv noch erkennbar ist. Sonst ist es „nur“ eine Aufnahme mit bunten Strichen und man kann keinen Bezug mehr zum Gesehenen herstellen.

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