sogesehen – Monatsfoto April

Geht es Euch auch so, dass ihr festmachen könnt, wann für Euch der Frühling beginnt? Ja?

Für mich persönlich beginnt der Frühling, wenn eine ganz bestimmte Blume erscheint.

Ich meine die Schlüsselblume. Kein anderer Frühblüher hat für mich diese Bedeutung. Mag es noch so warm sein und die Sonne scheinen, mögen die Vögel noch so ein überwältigendes Konzert geben – wenn sich dieses Blümchen noch nicht gezeigt hat, ist für mich noch kein Frühling. Das mag vielleicht auch damit zusammenhängen, dass ich mit diesem wunderschönen Pflänzchen eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen verbinde.

Als Kinder sind wir mit unserer Großmutter immer losgezogen, um den ersten Strauß dieser kleinen gelben Schönheit zu pflücken. Als wir dann genügend für die Vase der alten Dame zusammen hatten, pflegte sie zu sagen,“So! Jetzt ist Frühling“. Dann ging sie mit uns des Weges, und jedesmal erschien dabei ein glückliches Lächeln auf ihrem Gesicht.

Auch beim Fotografieren ist das so ähnlich. Sobald ich Schlüsselblümchen sehe, ist es für mich ein Zeichen, dass die Makrosaison wieder losgeht. Die Vorfreude darauf steigt ins unermessliche, und ich ziehe los, um einige dieser Wiesen und Waldgewächse abzulichten. Es entstehen je nach Lichtsituation die tollsten Bilder, und je nach Hintergrung (hier zwei kleine Buchen mit ihren noch roten Blättern) könnte man meinen, eine Zeichnung vor sich zu haben.

Jedes Jahr fast das gleiche Ritual und jedes Mal muss ich mich an die Worte erinnern.

„So! Jetzt ist Frühling“

Heutzutage darf man die Schlüsselblumen nicht mehr pflücken, da sie streng geschützt sind. Zum Glück, denn ich finde, sie sind zu schade, um sie in die Vase zu stellen. Denn nur in der Natur zeigen sie ihre wahre Schönheit.

In diesem Sinne, Einen schönen Lenz mit viel Sonne, Vogelgezwitscher, Bienengesummse und wunderschönen Blümchen. Bleibt neugierig.

Aufgeräumtheit

Es ist Frühling! Für diese Feststellung braucht es weder einen Kalender, noch botanische Kenntnisse. Hierzu reicht schon ein Blick in die unmittelbare Nachbarschaft. Da werden Fenster geputzt, Autos gewaschen und im Garten herumgewerkelt – alle sind damit beschäftigt die Spuren des Winters zu beseitigen. Man sehnt sich nach Licht, fröhlichen Farben und nach Veränderungen.
Diese Geschäftigkeit macht sich auch bei mir bemerkbar und ich sehne mich nach äußerer und innerer Aufgeräumtheit.
Den ganzen Winter über war ich im Wald und in der Natur unterwegs, hier konnte ich abschalten und mich in der Zeit verlieren. Je unaufgeräumter und ursprünglicher die Umgebung war, desto besser!

Dies hat sich seit ein paar Tagen schlagartig geändert. Was für mich im Februar noch kreatives Chaos war, scheint mich plötzlich zu überfordern.
Eine aufgeräumte, klare Bildaufteilung mit geraden Linien und graphischer Bildsprache, dass ist das, was ich jetzt brauche!

Also schnappte ich mir an einem der ersten schönen Märztage meine Kamera und fuhr nicht wie üblich Richtung Osten, in die Natur, sondern in den urbanen Westen. Direkt im Dreiländereck D/F/CH liegt Weil am Rhein, bekannt als Stadt der Stühle und der Architektur (was maßgeblich mit einer dort ansässigen Firma zu tun hat).
Rund um das Firmengelände gibt es einen frei zugänglichen Campus auf dem man flanieren und fotografieren kann. Ein Highlight für Architekturinteressierte und perfekt für meinen kreativen Frühlingsputz!

Besteht beim Fotografieren im Wald die Herausforderung darin, eine „Ordnung“ im Chaos zu finden, so wurde mir hier eine Ordnung vorgegeben und ich musste versuchen, diese kreativ in Szene zu setzen.

Als sich mein kleiner Fotospaziergang zu Ende neigte, konnte ich der Versuchung doch nicht widerstehen, gerade Linien und Minimalismus links liegen zu lassen, mich auf den Rücken zu legen und eine Rutsche „aufzuräumen“. Nicht ganz nach Fibonacci (Fotografen wissen was ich meine 😉 ) aber trotzdem ein Hingucker.

Vitra- Rutschturm

Jetzt ist Architekturfotografie nicht gerade mein Steckenpferd, aber ab und zu verlasse ich gerne mal meine fotografische Komfortzone und bin immer wieder überrascht, wieviel Spaß mir das macht. Ob das immer Architekturfotografie ist, oder „nur“ Fotografie in urbaner Umgebung – keine Ahnung.

Ein Blick durch ein Fenster erinnerte mich dann doch wieder an meine eigenen „Milchglasscheiben“. Es ist Frühling! Aber das sagte ich ja bereits 🙂

Liebeserklärung an das Leberblümchen

Welche Blumen fotografierst Du am liebsten?

Diese Frage wird mir sehr oft gestellt und es ist wirklich schwierig eine klare Antwort darauf zu geben. Für mich hat fast jedes Blümchen etwas Reizvolles an sich. Sei es von der Farbe, von der Grösse, in welchem Umfeld es wächst und nicht zuletzt was es ausstrahlt. Jede Jahreszeit bringt wieder neue Schönheiten zu Tage, welche sich gerne von allen Seiten ablichten lassen. Jetzt in dieser Jahreszeit kann ich klar sagen, nach den Schneeglöckchen, ist definitiv das Leberblümchen meine Lieblingsblume.

Hepatica Nobilis, wie diese zarten Frühblüher wissenschaftlich heissen, tragen zurecht den Zunamen Nobilis. Es hat schon etwas Nobles und Edles, wenn diese Blümchen ihre feinen lila-blau gefärbten Blütenblätter gen Himmel richten. Sie sind sehr zart und doch so robust, selbst ein kurzer Wintereinbruch kann ihnen nicht viel anhaben. An den nächsten Sonnentagen öffnen sie wieder ihre Köpfchen und strahlen um die Wette! Einen sehr schönen Farbkontrast bieten die vielen weissen Blütenstempel, die wie kleine Stecknadeln auf einem hellgrünen Kissen stecken. Man findet auch rosa und weisse Leberblümchen, je nach Standort kann das sehr variieren. Noch bevor sich das erste Grün im Wald zeigt, setzen sie mit ihren feinen Farben, wunderbare Farbakzente auf den noch trockenen, hellbraunen Laubteppich in Buchen- oder Eichenwäldern. Sie bevorzugen lehmigen, kalkhaltigen Boden und lieben eher schattige Ecken. Die Leberblümchen wachsen sehr langsam, vom Samen bis zur Blüte kann es gut 4-7 Jahre dauern. Leider ist das Fastenblümchen oder Faschtumejia wie es im Wallis heisst, am Verschwinden und ist daher geschützt, es darf weder gepflückt noch ausgegraben werden.

Die botanische Bezeichnung des Leberblümchens Hepatica kommt aus dem griechischen und bedeutet Leber, denn seine Laubblätter erinnern im Umriss an die Form der menschlichen Leber. Bereits im 16. Jahrhundert schrieb Hieronymus Bock über das Leberblümchen: „Diese Kraut inn wein gesotten und getrunken, eröffnet und heilet die verstopfte Leber.“ Auch die Indianer benutzten es bei Lebererkrankungen. Nachahmen ist nicht zu empfehlen, denn wie viele Pflanzen ist auch das Leberblümchen giftig und darf nicht einfach so eingenommen werden. In der Homöopathie wird es noch bei Bronchitis und Lebererkrankungen angewendet.

Das Leberblümchen ist ein regelrechter Frühaufsteher unserer heimischen Flora. Alle Jahre wieder, sobald es wieder ein bisschen wärmer wird, kann ich es kaum erwarten gegen Ende Februar die ersten Blümchen aufzusuchen und zu fotografieren. Dieses Jahr habe ich es noch nicht wirklich geschafft, mich meinen Lieblingen ausgiebig zu widmen. Beim ersten Besuch waren sie noch nicht richtig am blühen, beim zweiten Mal wollten sie ihre Köpfchen nicht ganz öffnen, denn es wehte ein recht kühler Wind und die Wolken schoben sich immer wieder vor die Sonne. Nun hoffe ich demnächst noch ein paar fotowillige Blümchen zu finden und sonst freue ich mich auf die „zweite Saison“. Wenn im Unterland die Blütezeit im März zu Ende geht, blühen sie nämlich in den Voralpen und ich kann dann hoffentlich aus dem Vollen schöpfen.

Jedes Jahr ist es eine neue Herausforderung, die immer gleichen Blümchen auf eine andere Art zu fotografieren. Sie sehen auf den ersten Blick alle gleich aus und doch findet man immer wieder kleine „Persönlichkeiten“. Es ist faszinierend wie anders die Welt durch den Sucher aussieht und wenn ich so auf dem Waldboden liege und nach einem geeigneten Hauptdarsteller suche, kann ich in meine eigene Fantasiewelt abtauchen und meiner Kreativität freien Lauf lassen.

Die Tänzerinnen
Die Liebenden
Der Solotänzer
Der Träumer
Das Einsame
Die Verzauberten
Der Nachtschwärmer

Jetzt gebe ich die Frage gerne weiter: Welches ist Eure Lieblingsblume?

Die Natur erwacht

„Wo Blumen blühen, lächelt die Welt“

Ralph Waldo Emerson

Viele von uns erwarten sie schon sehnsüchtig… die Frühlingszeit. Kalendarisch dürfen wir den Frühling ab dem 20. März begrüßen.

Die Tage beginnen jetzt schon mit schönen Vogelgesängen von Amsel, Meisen und Spatzen, Krokusse und Narzissen stehen in ihrer vollen Blüte, die Sonne kommt früher hinter den Bergen hervor und strahlt tagsüber in ihrer vollen Kraft. Der Frühling ist für mich definitiv die schönste Jahreszeit.

Gänseblümchen am Wegesrand

Zu beobachten wie die Natur erwacht und der Wald wieder voller Leben steckt, bringt einen gewissen Zauber mit sich. Diesen Zauber durfte ich vor wenigen Tagen im Müllheimer Eichwald erleben. Es dauerte keine fünf Minuten, als mir fünf Rehe über den Weg hüpften, der Buntspecht zu trommeln begann und Rotkehlchen, Blau- und Kohlmeise den Wald zu ihrer stimmungsvollen Konzertbühne verwandelten. Ich wünschte, ihr hättet hier auch den Duft des Waldes riechen können, wie wunderbar erdig und frisch dieser doch war!

Solch ein kleiner Waldspaziergang wirkt meditativ und sensibilisiert all unsere Sinne! Mein Spaziergang im Eichwald dauerte gerade einmal eine Stunde, aber die Erlebnisse werde ich immer in Erinnerung behalten. Die nächsten Tage werden wir uns jedoch leider noch einmal warm einpacken müssen, bevor wir dann hoffentlich den Frühling ganz begrüßen dürfen.

Wie wäre es dann mit einem meditativen Ausflug in den Wald? 😉

Sylt an einem Tag

Wenn ich an die wunderschöne, vielseitige und deutschlands nördlichste Insel Sylt denke, denke ich auch an die Automassen, die sich Tag für Tag auf die Insel quälen. 

Die Infrastruktur an den beiden Bahnhöfen des Autozuges in Niebüll und Westerland befinden sich regelmäßig vor dem Kollaps.

Dazu kommen die Tagestouristen, die über die Marschbahnstrecke am Endbahnhof Westerland Ihre Füße auf die Insel setzten.  Es strömt und wimmelt um den Bahnhof in dem zentralen Verkehrsknotenpunkt Westerland.

Auch die von Hörnum über Westerland nach List verlaufende Landstraße L24 ist die reinste Blechlawine mit einer Vielzahl von überfüllten Parkplätzen. Die alternative Bewegung mittels ÖPNV auf der Insel ist da nicht anders: da muss man hoffen, dass einen die überfüllten Busse überhaupt noch mitnehmen können.

Man stellt sich daher die Frage: Was soll das alles…? 

Trotzdem stand schon lange ein „From Dusk Till Dawn“ im Sommer oder ein „From Dawn Till Dusk“ im Winter auf der fotografischen Agenda. Irgendwie hat mich dieser Ansturm auf die Insel aber immer wieder davon abgehalten. 

Aus bekannten Gründen ist nun ja gerade alles anders. Durch das Beherbungsverbot, ist die Insel sehr zaghaft besucht. Das habe ich genutzt, um meinen lang ersehnten Ausflug zusammen mit Steffen zu starten. Zu zweit bringt solch eine Fototour bekanntlich am meisten Spaß. Der Autozug verkehrt jedoch aufgrund der mangelnden Nachfrage nach einem Sonderfahrplan. Somit gab es nur einen „Dawn“ ohne „Dusk“. 

Die massiven Sorgen, Einnahmeausfälle und Existenzängste der Tourismusbranche sollen an dieser Stelle jedoch nicht unerwähnt bleiben. Wir hoffen inständig, dass Tourismus bald wieder in unserer touristisch geprägten Region stattfinden kann!

Wir sind also pünktlich zum Sonnenaufgang am Quermarkenfeuer Rotes Kliff gewesen. Was für ein tolles Erlebnis inmitten der Dünen, zwischen farbenfrohem Sonnenaufgang, Meer und Leuchtturm, den Start des Tages zu erleben. Eine relativ weitwinklige Aufnahme konnte hier den Eindruck am besten vermitteln.

Nach einem kurzen Picknick am Wagen, ging es weiter Richtung Norden zum Lister Ellenbogen, dem nördlichsten Punkt Deutschlands. Der Ellenbogen ist etwa 4 Kilometer lang und zwischen 300 und 1.200 m breit. Die dänische Insel Rømø ist in Sichtweite. Der Ellenbogen befindet sich in Privatbesitz und kann gegen Zahlung einer Maut befahren werden. Der gesamte Ellenbogen ist ein Vogel- und Naturschutzgebiet.

Unser erster Halt war an dem Leuchtturm „List West“. Ein Leuchtturm aus Gusseisen, welcher 1857 vom Königreich Dänemark erbaut wurde. Er ist das nördlichste Gebäude Deutschlands und immer noch in Betrieb.

Der baugleiche Leuchtturm „List Ost“ war dann das nächste Ziel. Hier ist die Küstenerosion zum Erliegen gekommen und der vorgelagerte Dünensandstrand mittlerweile relativ breit geworden. Der Wind hat uns hier wunderbare Strukturen in den Sand „gemalt“. Die beiden folgenden Aufnahmen sind vom gleichen Standpunkt aus entstanden; zum einen eine extreme Weitwinkelaufnahme mit 10mm und zum anderen eine Teleaufnahme mit 135 mm.

Die beiden markanten Leuchttürme wirken eigenartiger Weise fast wie natürliche Elemente dieser Landschaft im Norden der Insel.

Von nun an konnte es ja nur noch Richtung Süden gehen. Aus einem früheren Urlaub in Rantum war mir eine recht fotogene Buhne noch im Gedächtnis. Diese konnten wir leider nicht mehr finden; das lag entweder am Hochwasser zu exakt diesem Zeitpunkt,

oder sie ist den Küstenschutzbauarbeiten „zum Opfer gefallen“. Das tosende dynamische Meer bei Rantum konnten wir gut mit einer etwas längeren Belichtungszeit einfangen.

Den letzten Fotospot an diesem Tag sollten wir am südlichsten Punkt der Insel finden, der Hörnum-Odde.
Die südliche Spitze ist besonders von Sturmfluten bedroht. Hier kommt es häufig zu großen Erosionen und Abbrüchen. Um diese Verluste zu begrenzen, wurden Tetrapoden als Wellenbrecher an der Küstenlinie gesetzt. Sie sollen die Wellen brechen und ihnen so die zerstörerische Kraft nehmen, was allerdings nur mäßig erfolgreich ist.

Um die Dynamik und Kraft des Meeres hier darzustellen, habe ich zum ND-Filter gegriffen.

Plötzlich – innerhalb weniger Minuten – änderte sich die Wetterlage. Es zog dichter Seenebel auf. Eben diese Gefahr, die Wattwanderern zum Verhängnis werden kann. Die Tetrapoden hatten auf einmal etwas mystisches.

So ging ein traumhafter Tag mit vielseitigen Motiven auf der schönen Insel Sylt zu Ende – und wir verstehen natürlich auch, warum die Sehnsucht nach dieser Insel so groß ist!

Michael Hoff

Malen mit Licht (Teil 5)

Klick-Klick-Klick-Klick… dies ist ein typisches Geräusch aus der Sportfotografie.

Man kennt die Szenen aus der Sportberichterstattung: Profifotografen stehen mit riesigen Teleobjektiven (oft im Wert eines Kleinwagens!) dicht an dicht, um den entscheidenden Moment eines Torschusses oder eines Zieleinlaufes zu dokumentieren. Den optimalen Moment einzufangen und die Schärfe an die richtige Stelle zu setzen, das sind wichtige Kriterien für ein gelungenes Sportfoto.

Diese Maßstäbe gelten natürlich auch für ambitionierte Hobbyfotografen. So heisst es auch hier: Serienmodus rein, dicke Teletüte drauf, und los geht’s! Die Speicherkarte füllt sich rasant, und wenn man die Bilder zu Hause am Computer durchscrollt, erinnert das fast an ein Daumenkino. Zahlreiche unscharfe Versuche, bis endlich mal ein halbwegs scharfes Foto dabei ist.

Abgesehen davon, dass ich mir anstelle eines Telemonsters dann doch lieber einen schicken Kleinwagen kaufe, ist mir diese schnelle Art des Fotografierens manchmal doch zu stressig. Dann schalte ich gerne einen Gang zurück und krame in meiner fotografischen Kreativschublade.

Warum nicht einfach mal Regeln brechen? Bewegungen nicht einfrieren, sondern laufen lassen?

Im Gegensatz dazu wirken die klassisch scharfen Fotos schon fast langweilig.

Mich erinnern die verwischten Fotos an Gemälde. Die Lichtspuren auf dem Wasser wirken wie Pinselstriche, die Ergebnisse sind nicht vorhersehbar und deshalb auch umso überraschender.

Das nächste Foto ist mein persönliches Lieblingsbild der Serie. Es fehlt zwar der Bezug zur Sportart, aber mir gefällt diese düstere, bedrohliche Stimmung, welche die Person förmlich aus dem Bild heraustreibt.

Nicht immer muß ein Fotograf mit großem Besteck unterwegs sein. Man sollte nur offen bleiben für Neues und auch mal einen ungewöhnlichen Blickwinkel wagen (… und immer schön auf seine Kamera aufpassen!)

Dies ist der (voraussichtlich) letzte Teil meiner Serie „Malen mit Licht“. Die komplette Reihe könnt ihr hier nachlesen.

sogesehen – Monatsfoto März

Der März steht für das Transitorische, den Übergang. Er stellt die Schwelle dar zwischen Winter und Frühling, der kalten und der warmen Jahreszeit. Die Dinge sind in Bewegung, nervös, rastlos und doch zugleich auch zielstrebig und einer großen Richtung folgend. Aber eben unberechenbar und manchmal regelrecht flatterhaft.

Nordfriesland um diese Jahreszeit: riesige Gänseschwärme sind überall zu sehen und zu hören in der Nähe der Küste, auf dem Boden und in der Luft. Weißwangengänse, Graugänse, Blässgänse und andere.

Es müssen Hunderttausende sein, die sich jetzt hier aufhalten – Gäste aus dem Norden und Nordosten, die zum Überwintern in den (von Skandinavien aus gesehen) warmen Süden fliegen. Ihr lautes Schnattern, Gackern, Kläffen und Quieken ist allgegenwärtig – niemals sind sie still, auch nicht beim hektischen Äsen auf Äckern und Weiden. Und dann plötzlich das Rauschen, wenn sich ohne Vorwarnung Tausender großer Flügel in die Lüfte schwingen.

Was für ein beeindruckendes Spektakel in dieser spätwinterlich kargen Landschaft!

Venezia – Il Carnevale

Heute ist bereits Aschermittwoch und der Karneval würde zu Ende gehen, hätte er denn auch stattgefunden! Leider wurden überall die offiziellen Fastnachtsanlässe abgesagt, natürlich auch in Venedig. Die vielen Kostümliebhaber sind definitiv zu kurz gekommen. Gerne denke ich an meine zwei Reisen in die Lagunenstadt zu dem weltberühmten Carnevale die Venezia. Hier ein kleiner Rückblick:

Vor genau 12 Jahren reiste ich das erste Mal, im Rahmen eines Fotoworkshops, zum Carnevale nach Venedig. Bis dahin kannte ich den Carnevale nur von Fotos. Venedig hingegen habe ich bereits 1985 das erste Mal besucht und seither immer wieder. Damals kaufte ich mir die Minimasken als Souvenir und jetzt sollte ich den Carnevale endlich einmal live miterleben und vor allem fotografieren können. Ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, was mich erwarten würde und freute mich auf die kommenden Tage und den ersten Morgen. Bereits vor Sonnenaufgang mussten wir auf dem Markusplatz sein. Es war eine kurze Nacht. Noch im Dunkeln fuhren wir mit dem Vaporetto auf dem Canale Grande entlang der imposanten Palazzi bis zur Fermata San Marco.

Es war noch relativ ruhig auf der Piazza, ein paar Fotografen schlichen bereits umher und auch ich stellte mein Stativ auf und machte ein Foto von den im Wasser schaukelnden Gondeln, mit der Kirche San Giorgio im Hintergrund. Sicher eines der meist fotografierten Motive in Venedig! Lange durfte ich mich damit nicht verweilen, denn schon trafen die ersten Masken ein (so werden die Maskierten genannt, es ist nicht nur die Gesichtsmaske damit gemeint) und mit ihnen auch weitere Fotografen.

Der Vorteil wenn man so früh vor Ort ist, es hat kaum Touristen und als Fotograf hat man die Masken für sich alleine. Womit ich aber gar nicht gerechnet habe, wie viele Fotografen sich nach und nach auf der Piazza einfanden. Für meinen Geschmack definitiv zu viele! Aber ich war nun mal da, schaute mich nach Masken um, welche an einem fotogenen Ort standen und für uns posierten. Tagsüber an den verschiedenen Plätzen war es noch extremer. Schulter an Schulter standen die Fotografen da und jeder wollte sein bestes Foto machen!

Mit etwas Geduld kann man die Aufmerksamkeit der Masken auf sich ziehen und ein paar schöne Fotos machen. Fotografiert man länger die gleichen Masken kommt es häufig zu einem Austausch der Visitenkarten. Es ist ein Geben und Nehmen. Die Maskierten stehen den Fotografen gerne Modell, hätten aber natürlich im Gegenzug ein paar schöne Aufnahmen. Durch den Austausch der Adressen und später das Zusenden der Bilder, entstehen schöne Kontakte und man erfährt auch etwas über den Menschen hinter der Maske. Wie das Ehepaar Le Bec aus Paris, welches seit mehr als dreissig Jahren mit neuen, sehr aufwändig genähten und verzierten Kostümen in die Lagunenstadt reisen. Hat man sie einmal gesehen, erkennt man sie im nächsten Jahr bestimmt wieder, bleiben sie ihrem Stil treu. Auch Postkarten gibt es von ihnen zu kaufen.

Mich fasziniert nicht nur die Maske als Ganzes, sondern die zahlreichen, mit viel Liebe genähten Details. Auffallende Stoffe, wunderbare Bänder, glitzernde Perlen und filigrane Stickereien, ich konnte mich nicht sattsehen und wollte soviel wie möglich auf den Sensor brennen! Man versteht schnell, dass es nicht nur ein Hobby ist, sondern eine Leidenschaft die gelebt und geliebt wird.

Eine weitere eindrucksvolle Maske ist der Monello (der Bengel). Ich habe Ute als Monello 2011 fotografiert und mich gleich in diese wunderschöne Maske verliebt. Die Farben, das aufwändig verzierte Kostüm und alleine wie sie als Monello auftritt, ist einfach bewundernswert. Fast wie aus einem Märchen entsprungen steht sie da und präsentiert hervorragend den Monello. Dazu die Kulisse dieser historischen Stadt, besser geht es nicht mehr! Man kann kaum aufhören zu fotografieren! Ute K. und ihr Mann sind das erste Mal 1998 zum Fotografieren an den Carnevale gefahren und wurden gleich mit dem Virus infiziert. Seither sind sie jedes Jahr in die Lagunenstadt gereist. Am Anfang kamen sie jedes Jahr mit einem neuen Kostüm, später wurden es mehr, inzwischen sind es bereits 3 Kostüme pro Person, welche sie in mehreren Koffern, Tüten und Rucksäcken nach Venedig schleppen. 

Neben dem Monello, der seit 2006 zu Utes Markenzeichen geworden ist, näht sie auch die anderen Kostüme (historische Gewänder) selber. Diese Gewänder aus der Renaissance-Zeit sind sehr aufwendig und sie braucht mehrere Monate, bis so eine Robe fertig ist!

Nicht zu unterschätzen ist ist das „Modellstehen“! Das heisst, nicht nur da stehen und sich fotografieren lassen. Man schlüpft regelrecht in eine andere Rolle. Dabei ist es sehr wichtig, diese Rolle auch zu spielen, nur so kommt sie authentisch herüber und das Kostüm ist eigentlich „nur“ der Schmuck. Wenn man gedankenlos da steht, ohne mit dem Körper und den Augen zu spielen, hilft auch das schönste Kostüm nichts. Es gibt Masken die das wunderbar beherrschen und ich immer wieder staune wie lange sie in ihrer Rolle bleiben. Es gibt aber auch vereinzelte Masken, die einfach wie „Säcke“ da stehen und sich abknipsen lassen. Ich bin überzeugt, dass sie sich dabei nicht viele Gedanken machen. Das sieht man auch gleich auf den Fotos und es macht keinen Spass sie zu fotografieren.

An einem Nachmittag wollte auch ich einmal als Maske in die Stadt gehen. Noch zu Hause habe ich in mehreren Stunden ein „altes Faschingskostüm“ herausgeputzt. Nicht zu vergleichen mit den aussergewöhnlichen venezianischen Masken, aber so ein Hauch Carnevale versprühte es schon 😉 

Es war komisch plötzlich auf der anderen Seite zu stehen. Ein bisschen überfordert war ich anfangs schon, wusste erst nicht wohin schauen und wie mich bewegen. Der Tipp von Pierrot (Foto oben), ich solle mir meinen eigenen Dialog im Kopf machen und eine Rolle spielen, hat mir geholfen und ich fand langsam gefallen daran mit den Fotografen zu „spielen“. 

Das Fotografieren vermisste ich schon ein bisschen, so dass ich manchmal die Kamera unter dem Umhang hatte und so die verdutzten Fotografen fotografierte 🙂 Nach ein paar Stunden ging ich gerne ins Hotelzimmer zurück, zog mich um und widmete mich wieder ganz dem Fotografieren.

Eine sehr intensive Woche mit wenig Schlaf, unzähligen Kilometern zu Fuss, vielen Gigabytes Fotos und unvergesslichen Eindrücken geht zu Ende und wir traten schweren Herzens unseren Heimweg an. Ein letztes Mal liefen wir durch die engen Gassen Richtung Bahnhof. Es war kein einfaches Durchkommen, mit Fotorucksack und Koffer, über zahlreiche kleinen Brücken und Gässchen und mit einer Unmenge an Touristen. Fast hatte man das Gefühl die halbe Welt sei in Venedig.

So ruhig wie in diesem Jahr war es wohl noch nie zur Karnevalszeit in Venedig. Ich wünsche es den Venezianern und vor allem den Liebhabern des Carnevales, dass 2022 wieder viele Masken in einmaligen Kostümen nach Venedig pilgern und die Herzen vieler Carnevale Fans höher schlagen lassen.

Jetzt aber die volle Ladung

In meinem letzten Beitrag, „Wenig Schnee, aber immerhin“ hatte ich über unsere Freude berichtet, dass auch wir ein wenig Schnee abbekommen hatten. Da hat wohl jemand genau hingehört und meinte es am Ende fast zu gut mit uns.

In der Nacht von letztem Samstag auf den Sonntag brach der Schneesturm über den Norden und auch Münster herein. Jetzt liest man seit einer Woche Schlagzeilen wie „Winterdienst in Münster: Mehrere tausend Kubikmeter Schnee abtransportiert“ oder „Münster kämpft sich durch den Schnee“.

Was dem einen Leid, ist des anderen Freud. Ich habe mit meiner Kamera ein paar Eindrücke aus der Stadt im Schnee festgehalten. Da die Situation irgendwie etwas nostalgisches an sich hat, habe ich alle Fotos in schwarz-weiß dargestellt. Aus meiner Sicht gibt das den Bildern eine besondere Wirkung.

Zunächst Bilder direkt aus der City. Bedingt durch den Lockdown war nicht viel los in der Stadt. Die wenigen Menschen waren nicht wie üblich zum Einkaufen unterwegs, sondern wegen der winterlichen Kulisse, hin und wieder mit dem Schlitten oder auch als Ski-Langläufer.

Der Aasee zieht bei jedem Wetter die Menschen an, im Schnee mit einer bezaubernden Kulisse.

Neben der eigentlichen City spazierten wir auch durch die verschneiten Parks der Stadt, in diesem Fall den Schlossgarten und den Wienburg-Park. Ein Winterwunderland, das man mitten in der Stadt so gar nicht erwartet.

Jede Gelegenheit wurde von Groß und Klein genutzt, um sich auch sportlich zu betätigen. Sei es beim Rodeln an der Promenade oder beim Schlittschuhfahren auf dem zugefrorenen See im Wienburgpark.

In Münster ist es jetzt schon eine Weile her, dass wir mit so viel Schnee beglückt wurden. Im Jahr 2005 gab es das historische Schnee-Chaos im Münsterland, an das sich viele noch erinnern, auch wegen der umgeknickten Strommasten und der damit verbundenen Taschenlampenromantik zu Hause. Für die nächste Woche sind wieder Plusgrade angekündigt. Wir werden das Wochenende nutzen, um den Schnee noch ein wenig zu genießen und freuen uns schon jetzt auf den nächsten Besuch der weißen Pracht.

Wasser Kraft Werk

Heute war ein sehr grauer Tag. Eigentlich gar nicht schön. Jedenfalls hatte ich es mir morgens anders ausgemalt, als ich beschloss, einen Ausflug ins Rheintal und an die französische Grenze zu machen.

Geht so, oder?

Einziger Lichtblick: Ich war mal wieder im Ausland, zu Fuß ungefähr 30 Meter nach Frankreich rein.

Nun ja.

Eigentlich hatte ich ja darauf gehofft, Wasservögel fotografieren zu können. Ich bin nämlich nicht so oft am Rhein oder auch irgendeinem anderen großen Gewässer, da ist das immer etwas Besonderes für mich. Und an Stellen, wo viele Ausflügler hinkommen, haben sich die Vögel ja oftmals an Menschen gewöhnt und sind weniger scheu. Gut fürs Foto!

Aber ich muss sagen, unglaublich viel war dort nicht los. Eher im Gegenteil. Das Highlight war ein Haubentaucher, der den Mund, pardon: den Schnabel, wohl etwas zu voll genommen hat…

Weil mir dann doch etwas langweilig wurde und zudem kalt, bin ich spontan ein paar Hundert Meter über den Rheinstau bzw. das dazugehörige Wehr gelaufen. Wie das am Oberrhein so ist, darf allein Frankreich den Rhein zur Stromgewinnung nutzen. Ich bin halt mal einfach so drauflos spaziert, ohne mir groß etwas dabei zu denken.

Und irgendwann ist mir schließlich gedämmert: Das wahre Spektakel hier sind gar nicht die Vögel auf dem Wasser, sondern das Kraftwerk am Rheinstau.

Die Technik, nicht die Natur!

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Die Geräuschkulisse dieses Ortes muss man sich bei den Aufnahmen jetzt einfach dazudenken. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass der Lärm des rauschenden, ja tosenden Wassers einfach ohrenbetäubend war. Wunderbar! Und ein verrückter Kontrast zum wolkenverhangenen, völlig gedämpften Himmel und der windstillen, trüben Luft.

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Ich hoffe, dass die Fotos etwas von dem rohen, morbiden Charme der ganzen Anlage vermitteln. Sie hat seit ihrem Bau im Jahr 1962 im wahrsten Sinne Patina angesetzt und sieht doch zugleich zeitlos und irgendwie auch elegant aus.

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Für mich eine unerwartete Wendung in meinem schon missglückt geglaubten Samstagsausflug und eine unverhoffte Attraktion an diesem überaus trüben Tag. Technik trifft Natur. Das hat Lust gemacht auf mehr!